Verweilers Bericht
Verweilers Bericht (engl. The Dweller Report) ist eine Kurzgeschichte, die von SPIRIT im Rahmen des A Thousand Years Untold-Wettbewerbs geschrieben wurde, den diese Geschichte in der Kategorie "Metru Nui" gewann.
Schreie erfüllten die Luft, als Matoraner und Rahi gleichermaßen nach Deckung suchten. Alle paar Sekunden fiel eine weitere Kreatur zu Boden, bedeckt von Strängen grünen Gewebes, während die Visorak ihren Angriff fortsetzten. Norik konnte nur schreckerfüllt zusehen, wie die anderen fünf Rahaga, Keetongu und Turaga Dume alle von den giftigen Spinnen gefangen genommen und mutiert wurden. Nachdem nichts anderes mehr stand, wandten sich die Monsterinsekten ihm zu...
Norik erwachte mit einem lauten Keuchen, sein Herzlicht blinkte rasend. Nachdem er erkannt hatte, dass es nur ein Traum gewesen war, versuchte er, wieder einzuschlafen, aber es war vergebens, also stand er auf und löste Bomonga bei der Wache ab. Da es in der Stadt immer noch keine Energie gab, war ein Feuer auf dem Balkon des Kolosseums entzündet worden – dem Ort, an dem Keetongu, Turaga Dume und die sechs Rahaga die vergangenen fünfhundert Jahre gelebt hatten, während sie die Rahi der Stadt heilten und sie zurück zu ihren Heimatländern schickten, sowie klägliche Reparaturbemühungen unternahmen. Die rote, bucklige Gestalt setzte sich ans Feuer nieder und begann, es mit ihrem Stab zu schüren und über ihren Albtraum nachzugrübeln.
„Wissen wir, dass die Horden wirklich weg sind?“, fragte er sich selbst laut. „Nein, Vakama hat sie aufgelöst und ihre Anführer sind tot“, überlegte er nach ein paar Minuten laut. „Alle hier sind jetzt sicher.“
Dessen würde ich mir nicht zu sicher sein, dachte die dunkle Gestalt, die sich in den Schatten hinter Norik verbarg. Als das Wesen seine Tarnkräfte aktivierte und zurück in seine Heimat in den Archiven huschte, erlaubte es sich ein kleines Kichern. Nicht im Bezug auf die Visorak und ganz besonders nicht im Bezug auf eure Sicherheit.
Regen fiel von dem ewig dunklen Himmel Metru Nuis, als eine Schar Visorak die Küste hinaufkrabbelte. Wasser floss ihre Rücken in Strömen hinab und mischte sich mit dem zähen Gift, das aus ihren Mündern tropfte; der Anblick von Visorak, die irgendwo ankamen, war ein Anblick, den man nie wieder vergaß. Vor langer Zeit war diese spezielle Gruppe vom Rest der Horde getrennt worden, aber sie hatten ihr Ziel endlich erreicht. Der selbsternannte Anführer der Gruppe, ein Keelerak, schaute sich verwirrt zwischen den teilweise zerstörten Gebäuden der Stadt um: sie waren sauber, kein einzelner grüner Strang. Aus dem Augenwinkel erhaschte er den winzigsten Hauch von Bewegung und feuerte instinktiv ein Netz darauf ab. Mit einem lauten Heulen fiel ein Kavinika zu Boden, darum ringend, sich selbst zu befreien. Das Keelerak trippelte vorwärts, versenkte seine Kieferzangen in den hundeartigen Rahi und injizierte sein mutierendes Gift.
Vielleicht, überlegte das grüne Visorak, als sich seine Beute beim Einsetzen der Mutation zu winden begann, sind wir nur früh dran. Daraufhin befahl es seiner Bande, durch die Stadt auszuschwärmen und alles in Sichtweite zu mutieren.
Keetongu schoss aufrecht hoch und rannte fauchend zum Rand des äußeren Geländer des Kolosseumbalkons. Norik stand vom Feuer auf, um zu fragen, worin das Problem bestand, aber bevor er auch nur zwei Schritte gegangen war, stieß der riesige, gelbe Rahi ein lautes Brüllen aus, sprang auf das nächste Gebäude und sprang durch die Stadt davon. Nur momentan vor Schock erstarrt, rüttelte Norik schnell die anderen Rahaga und Dume wach und berichtete ihnen von Keetongus Verschwinden.
„Also ist er einfach so gegangen?“, fragte Bomonga ungläubig.
„Nein... er hat ein Wort gesagt, bevor er von dem Balkon sprang...“, erwiderte Norik zögernd.
„Und dieses Wort war...?“, sagte Iruini erwartungsvoll.
„Visorak“, sagte Norik düster.
„Nun, dann sollten wir besser sicherstellen, dass es noch immer eine Stadt gibt, in die Vakama und die anderen zurückkehren können“, sagte Turaga Dume, als er mit brennender Entschlossenheit in seinen Augen einen Kanoka-Werfer aufhob.
Der Dunkle Jäger namens Verweiler schlich in die Schatten des Kolosseums und sah zu, wie sieben kleine Gestalten es verließen. Während er sich die Augen gegen den Regen abschirmte, der gerade angefangen hatte, merkte er sich ihre Richtung und folgte ihnen.
Wenn sie so weise sind, wie der Umschattete behauptet, dann werden sie genau wissen, wo sie ihren kostbaren Keetongu suchen müssen, dachte er. Und wenn sie das tun, werde ich meinem Meister den perfekten Bericht abliefern können. Verweiler beschleunigte seinen Schritt. Ich muss sicherstellen, dass ich den ganzen Kampf über anwesend bin – ich würde dem Umschatteten doch nicht das Wissen vorenthalten wollen, wie es aussieht, wenn ein Rahaga stirbt, nicht wahr?
Nach nur ein paar Minuten des Laufens, konnte Keetongu weiter vorne gesehen werden, wie er versuchte, zwanzig Visorak gleichzeitig abzuwehren, aber es war klar, dass er ermüdete. Ein Keelerak sah den Turaga und die sechs Rahaga und rannte auf sie zu, hielt aber sofort an, als Dume eine Kanoka des Giftentfernens auf den Boden vor die Kreatur feuerte, und obwohl sie nicht ihre Kraft entfesselte, schlug sie ein großes Stück des Gehwegs heraus.
„Noch einen Schritt, Monster, und ich werde dir zeigen, wie es sich anfühlt, selbst mutiert zu werden“, warnte er und lud eine Disk der zufälligen Umformung in seinen Werfer. Das Keelerak tat, als würde es seinen Vorschlag abwägen, feuerte stattdessen aber selbst ein Projektil ab, das den roten Turaga knapp verfehlte Mit einem großen Krachen fiel Keetongu auf den Boden, unfähig, weiterzukämpfen. Die fünfzehn Visorak, die auf seinem Körper herumgekrochen waren, krabbelten herab und stellten sich ihren neuen Gegnern.
„Halt!“, rief Gaaki. „Die Horde ist nicht mehr! Ihr seid nun frei!“ Das Keelerak ignorierte sie und begann Dinge zu zischen, die offensichtlich Angriffsbefehle waren. Als Rhotuka von beiden Seiten durch die Luft zu fliegen begannen, huschte Verweiler in eine dunkle Gasse, um den Kampf von einem sicheren Ort aus zu beobachten.
Das Keelerak schoss dann einen Rhotuka auf Pouks Füße ab, aber er konnte rechtzeitig aus dem Weg springen. Als er landete, trafen sich seine Augen mit Dumes und beide nickten sie. Der brauen Rahaga feuerte einen Lassorotor und zog die grüne Spinne in den kleinen Krater, den Dume gemacht hatte. Noch während die Energien des Rhotuka sich zerstreuten, aktivierte Dume jedoch seine Edle Kiril und verschloss das Loch im Gehsteig rund um einen der Füße des Visorak. Dann, getreu seinem Worte, beschoss Dume es mit einer Disk der zufälligen Umformung, die das Keelerak zu seinem stacheligen Klumpen werden ließ, der weder über Beine noch über einen Mund verfügte.
Ihres Anführers beraubt, dauerte es nicht lange, bis die anderen Visorak besiegt waren. Indem er seinen Stab benutzte, rief Kualus die letzte Schar Eisfledermäuse der Insel herbei, um die Spinnen abzulenken, während die anderen Rahaga umd Dume Keetongu auf die Füße halfen. Vollkommen erholt und von Rachsucht angetrieben, öffnete Keetongu die jüngst reparierte Luke in seinem Brustkorb, die seinen Rhotuka Werfer enthielt und feuerte ein Energierad, dem die fünfzehn Visorak-Attacken entsprechende Kraft innewohnte, auf die Gruppe ab, was zehn von ihnen über den Gehsteig schlittern ließ. Nach dem Rest schwang er sein Schild, während die Rahaga sie mit ihren Rhotuka einfingen.
Als das letzte Visorak unter dem Einfluss von einem von Noriks Schlingen-Rhotuka zu Boden fiel, konnte Verweiler kaum die Szene glauben, die sich gerade vor seinen Augen entfaltet hatte. Irgendwie hatten die Rahaga, der Turaga und Keetongu gewonnen, und das noch mit Leichtigkeit. Während der trügerische Dunkle Jäger in sein Zuhause in den Archiven zurückkehrte, war er bezüglich seiner Einstellung zu dem Ergebnis hin- und hergerissen. Einerseits bedeutete dies, dass die Inselstadt immer noch bewohnt war, aber andererseits bedeutete es, dass die Bruderschaft der Makuta erneut dabei versagt hatte, Metru Nui zu übernehmen, sodass dies den Dunklen Jägern später leichter fallen würde. Letztendlich entschied er, dass Letzteres attraktiver war, da die Bewohner Metru Nuis früher oder später unterworfen werden würden, und er war bereit zu warten.
Erneut erfüllten Schreie die Luft, aber diesmal nicht wegen Visorak. Die Matoraner, Toa und Turaga rannten alle deckungssuchend davon, während Gebäude explodierten und mächtige Wesen durch die Stadt rannten und alles in Sichtweite angriffen. Im Herzen allen Chaos und aller Zerstörung war ein böses Gesicht, das manisch lachte – es war der Umschattete.
Wie in der Nacht zuvor erwachte Norik schwer atmend mit rasend blinkendem Herzlicht. Iruini, der das Feuer heizte, schaute ihn fragend an. „Ist alles in Ordnung, Bruder?“
„Ja“, sagte Norik mit erleichterter Stimme. „Es war nur ein Traum.“
Vorerst, vielleicht, dachte Verweiler, als er seine Kraft, Albträume einzuflößen, deaktivierte und verstohlen in die Schatten zurückkehrte.